Dieck


Kolorierte Ansichtskarte von 1924 zeigt links das Gutshaus und rechts das Gasthaus Lüpke, später Kasulke; dem Gasthaus war ein Kolonialwarengeschäft angegliedert, das heute noch betrieben wird. Die Gaststätte gibt es nicht mehr.

Dorfchronik

Eine überlieferte Dorfchronik für Dieck gibt es nicht. Wenn es jemals eine gegeben hätte, so wäre selbige in der Schule oder Kirche aufbewahrt worden. In der Schule sind sämtliche Unterlagen, Bücher und Fotos beim Einmarsch der Russen auf den Schulhof geworfen und dort in Schnee und Matsch zerstört worden – siehe Bericht unter Schule. Die Kirche fiel dem Vandalismus zum Opfer und ist 1959 abgetragen worden – siehe Bericht unter Kirche.

Aus Aufzeichnungen von Johannes Lippert, Sohn von Lehrer Friedrich Lippert und langjährigem Lagerpfarrer im Durchgangslager Friedland bei Göttingen, geht hervor, dass Dieck 1560 von einem gewissen Herrn Schulte aus Hammerstein auf einer Anhöhe zwischen Dieck- und Rehmerowsee im Norden und Osten, sowie einem Sumpf- und Waldgebiet im Westen und Süden gegründet wurde. Mit der Gründung des Dorfes an dieser Stelle war wohl der allgemeinen Sicherheit Genüge getan, denn das Raubrittertum war zu der Zeit noch an der Tagesordnung.

Schon 30 Jahre nach der Ortsgründung gab es in Dieck 14 Bauern und 8 Kossäten (Tagelöhner). Betrachtet man den Kartenausschnitt von 1877 und die Aufstellung der Betriebsgrößen von 1945 (weiter unten), so hat sich Dieck wegen der Landenge nicht groß erweitern können; so mussten schon 6 Bauern in sogenannten „Abbauten“ ihr Land bewirtschaften. Den Löwenanteil an verfügbarem Land besaß schon das Gut mit 335 Hektar südlich von Dieck bis nach Steinforth. 1945 gab es 16 Bauern im Vollerwerb und 4 Kleinbauern im Nebenerwerb. Auch die Einwohnerzahl nahm nicht wesentlich zu, sie lag 1945 bei 220 Bewohnern. Seelsorgerisch und polizeilich wurde Dieck von Wulfflatzke betreut. Als Dienstleiter wären zu nennen: Die Post, eine Gastwirtschaft, ein Geschäft, eine Schmiede und eine Fischerei. Das Gut verfügte über seine eigenen Fachkräfte, wie Tischler, Schmied, Schlosser usw.

Johannes Lippert stellte 1938 fest, dass die älteste Glocke von 1575 noch im Glockenturm vorhanden war. 1939 wurden viele Glocken durch das Reich eingezogen und eingeschmolzen; ob auch die Diecker Glocke davon betroffen war, ist nicht bekannt. Jedenfalls war noch vor der Zerstörung der Kirche eine Glocke vorhanden, die Jozef Kadlob (wohnt in der ehem. Schule) geläutet hat.

Zwischen beiden Kartographien (oben 1877, unten 1933/34) liegen 57 Jahre; man vergleiche beide Ausschnitte in Bezug auf die Dorfentwicklung, nämlich die Anzahl der Häuser sowie die Wegführung.

Grundbesitzer in Dieck bis 1945

Eine von Oskar Wendlandt (Vater von Klaus Wendlandt) 1955 auf Anforderung der Heimatauskunftsstelle Lübeck handschriftlich gefertigte Aufstellung über Größe und Besitzer der Bauernhöfe und Nebenerwerbsstellen kann im Heimatmuseum in Eutin in der Akte Dieck eingesehen werden – nachstehend eine gekürzte Wiedergabe in der Reihenfolge der Betriebsgrößen in Hektar:

  • Charlotte/Waldemar Gabain, Gut, 335,0
  • Oskar Wendlandt, Abbau 49,97
  • Fritz Steffen, Abbau, 45,5
  • Maria Glasenapp, Abbau, 45,0
  • Bruno Nöske, Abbau, 25,0
  • Meta Jordan, 25,0
  • Otto Gerth, 20,0
  • Karl Horn, 18,75
  • Gustav Redmer, 18,75
  • Arthur Rünger, 18,75
  • Bernhard Drews, 18,5
  • Otto Mieske, Abbau, 17,5
  • Edmund Steltner, Bgmst., 17,5
  • Wilhelm Buhse, 15,0
  • Paul Oldenburg, 15,0
  • Rudolf Feußner, Abbau, 15,0
  • Paul Dohmke, 12,5
  • Fritz Buchholz, Post, 8,0
  • Willi Kasulke, Gastwirt, 5,5
  • Ewald Wendlandt, ZiMster, 1,0
  • Gerda Speckmann, 0,5
  • von Dewitz, Labenz-Mühle, 162,5 (zu Dieck gehörig betrachtet)
    Der Grundbesitz umfasst neben der Ackerfläche auch die Wiesen- und Waldbestände.

In der obigen Aufzeichnung ist vermerkt, dass die Schule ca. 5 ha und die Kirche ca. 10 ha eigenes Land an verschiedene Bauern verpachtet bzw. verkauft hatte. In zurückliegenden Zeiten musste sich der Lehrer selbst versorgen oder er erhielt Deputat – letzter Lehrer in Dieck war Friedrich „FritzLippert. Dieck hatte keinen eigenen Pastor, er kam von Wulfflatzke und hatte auch noch Steinforth zu betreuen – letzter Pastor war Walter Lenke. Polizeilich wurde Dieck ebenfalls von Wulfflatzke betreut – letzter Gendarm war PHW Grübenau. Damit sind auch schon gleich die „Respektspersonen“ genannt: Gendarm, Lehrer und Pastor; geachtet wurden auch der Bürgermeister und der Gutsbesitzer, letzterer, weil dieser in der Regel hoch zu Ross saß. Natürlich hatte Dieck auch einen Fischer und Jagdpächter, er hatte das größte Areal zu betreuen, nämlich den Dieck- und Rehmerowsee sowie die gesamten Ländereien – es war Herr Mandel.

Da es nur ganz wenige Fotos von Gebäuden und Personen aus der Zeit vor 1945 gibt, werden auf dieser Seite einige, in der Galerie jedoch alle verfügbaren Fotos, einschließlich der Aquarelle von Waldemar Gabain, aufgenommen.

Schule

Schule in Dieck – fast unverändert wie 1945 – aufgenommen 1968 von Karin Krüger, geb. Buchholz, Tochter des letzten Posthalters Fritz Buchholz in Dieck – der große Baum an der Eingangstüre war noch vorhanden.

Familie Lippert – aufgenommen im Schulgarten ca. 1914 – zu sehen sind von links: Johannes *, Mutter Alice, Herbert, Lotte, Vater Friedrich gen. Fritz und Sohn Fritz;
* Johannes (Hans) ist der Vater von Hilde Altmüller, geb. Lippert, die das obige Foto zur Verfügung gestellt hat.

Seit wann es die Dorfschule in Dieck gab, ist nicht überliefert; ob schon kurz nach der Gründung des Dorfes dort Unterricht erteilt wurde, ist ebenfalls nicht bekannt. Es ist aber zu vermuten, dass weit vor 1900 das jetzt noch stehende, fast unveränderte Gebäude existiert haben muß – siehe Klassenfotos. Die Diecker Schule war „einzügig“; acht Jahrgänge wurden fast gleichzeitig von nur einem Lehrer unterrichtet und das ziemlich streng – eine kleine Entzerrung gab es schon: die Klassen 1 und 2 kamen erst, wenn die oberen gegangen waren.
Die nachfolgenden Fotos hat die Mutter von Karin Krüger, die für die Russen in der Schule kochen musste, auf dem Schulhof eingesammelt – die Russen hatten, als sie in Dieck einmarschierten, sämtliche Schulbücher, Jahrgangsunterlagen und Fotos auf den mit Schneematsch bedeckten Schulhof geworfen. Es ist jetzt ein wenig spät, heute danach zu fragen, ob noch irgendwo Unterlagen über die Dorfschule existieren.

Doch, es ist noch etwas gefunden worden: Uwe Thiel, Vorsitzender des Heimatkreisausschusses Neustettin (HKA), hatte in den Wulfflatzker Kirchenbüchern recherchiert und konnte somit weitere 100 Jahre Schulgeschichte vor 1900, siehe oben, nachweisen.

Nachstehend das Ergebnis: Der erste namentlich bekannte Lehrer in Dieck war Schulmeister Johann Friedrich Rehbein, der von 1793 bis 14. Mai 1813 die Schüler unterrichtete; er verstarb mit 44 Jahren an Nervenfieber.

Ihm folgte lückenlos der Küster und Lehrer Carl Wilhelm Rehbein, der bis 30.09.1861 die 24 Schüler des Dorfes unterrichtete – zum 01.10.1861 wurde er in den Ruhestand versetzt. Carl Wilhelm Rehbein wurde 77 Jahre alt und verstarb an Altersschwäche, so die Eintragung im Kirchenbuch.

Auf Lehrer Rehbein folgte am 29.09.1861 Küster und Lehrer Johann Friedrich August Berndt, der mit dem 01.10.1895 in den Ruhestand ging. Lehrer Berndt sollte noch als zufriedener, königstreuer, patriotischer und gottesfürchtiger Lehrer geehrt werden; ob es zur Verleihung gekommen ist, wurde nicht belegt. Zwischenzeitlich übernahm ein Schulamtsbewerber Paul Friedrich Theodor Steffen aus Dieck vom 15.01. bis 31.03.1895 den Unterricht für Lehrer Berndt. Danach folgte Schulamtsbewerber Paul Franz Köpp vom 01.04.1895 bis 30.06.1896 vertretungsweise bevor er ab 01.07.1896 in den Kreis Lauenburg versetzt wurde.

Großbrand in Dieck Ende Mai 1895:Von 23 Familien-Häusern sind 10 abgebrannt, auch die Schule mit allen Nebengebäuden – es herrschte große Wohnungsnot! Für Lehrer Berndt fand man keine Bleibe in Dieck; er verließ daraufhin das Dorf. Schulamtsbewerber Köpp, nur vertretungsweise im Amt, wohnte bei einem Bauern – dort hatte man mit Mühe zwei Räume als „Schulzimmer“ für 54 Schüler zur Verfügung stellen können – eine Herausforderung für den angehenden Lehrer, der gerade mal 20 Jahre alt war.

Auf „Junglehrer“ Köpp folgte ein ausgebildeter Lehrer und Karl Eduard Schulz vom 01.07.1896 bis 31.04.1905, geb. in Steinforth, Vater dort Förster. Lehrer Schulz hatte noch mit dem Provisorium „zwei Schulzimmer“ zu kämpfen und hatte nunmehr 56 Schüler zu unterrichten. Von einem Neubau war bei Amtsübernahme noch keine Rede. Erst 1898 ist ein Neubau bezugsfertig für jetzt 46 Schüler/innen, siehe zusammengesetztes Foto von 1901. Lehrer Schulz wurde ab 01.05.1905 nach Neustettin versetzt.

Nach einem Monat Vakanz übernahm Lehrer und Küster Friedrich Wilhelm Lippert am 01.06.1905 die Schulleitung und den Unterricht in Dieck bis Ende Februar 1945. Mit welchem Tag der Unterricht eingestellt wurde, habe ich nicht mehr in Erinnerung; ich vermute, dass nach den Weihnachtsferien 44/45 der Unterricht eingestellt wurde, denn am 18.01.1945 hieß es in dem Bericht von Lehrer Lippert: „Fertigmachen zum Treck!“ Danach begannen Flucht und Vertreibung. Der Bericht ist am Ende dieser Seite.

Mit der Einschulung 1941 war Lehrer Lippert mein Klassenlehrer – ich habe bei ihm Lesen, Schreiben und Rechnen gelernt!

51 Schülerinnen und Schüler zählte der Jahrgang 1901
Der Klassenlehrer, o.r., ist der Vorgänger von Lehrer Fritz Lippert und hieß Karl E. Schulz.

Exakt 51 Schülerinnen und Schüler zählt auch der Jahrgang von 1907.

Die Klassenfotos wurden immer am Haupteingang (Straßenseite) der Schule gemacht. Der Klassenlehrer, o.r., ist Lehrer Friedrich Lippert, s. zum Vergleich Foto im Schulgarten.
Auffallend ist auf beiden Fotos: Kein Kind zeigt ein fröhliches Gesicht – die beiden Lehrer auch nicht! Jungen wie Mädchen scheinen den gleichen Friseur zu haben.

Das Schulgebäude hatte drei Eingänge. Der größere oben rechts war für die Schüler gedacht, der kleinere daneben war stets verschlossen und wurde nur für den Schulrat, den Pastor oder andere hochgestellte Persönlichkeiten geöffnet; der dritte Eingang war auf dem Hinterhof und diente den übrigen Besuchern als Zugang zur Familie des Lehrers – für die Schüler war der Zugang tabu! Auf den Hinterhof durften die Schüler schon, denn dort waren ja die „Herzenhäuschen“ für die Notdurft, getrennt für Jungen und Mädchen sowie für die Lehrerfamilie.
Bis 1918 war der jeweilige Pastor Vorgesetzter des Lehrers oder ein königlich preußischer Kreisschulinspektor, ab 1919 kam ein Schulrat zur Inspektion. Am Dachgiebel des Schulgebäudes ist ein christliches Kreuz im Mauerwerk – noch heute – zu sehen, welches darauf hindeutet, dass der Pastor in diesem Haus ein Domizil hatte zum Umkleiden und zum gelegentlichen Wohnen, vor allem im Winter, wenn er nicht nach Wulfflatzke zurück konnte.

Kirche

Aquarell der Diecker Kirche von Waldemar Gabain – vermutlich um 1940.

Eine Aufnahme von 1937– gleicher Standort: Die Ruine 1959 als Repro aus einem Buch von M. Turkowski aus Turowo. Übersetzung des polnischen Textes durch Janusz Pulsakowski: „Foto der Ruine der Kirche mit Blick von Südwesten durch einen F. J. Lachowicz von der Denkmalpflege Stettin, Filiale Köslin, im Jahre 1959„. Danach wurde die schöne Fachwerkkirche endgültig dem Abbruch geopfert, lediglich ein paar Feldsteine des Fundaments und die Steinschwelle der Eingangstüre sowie alte Grabeinfassungen konnten noch 2009 unter der Überwucherung sichtbar gemacht werden (Fotos weiter unten). Von der Buche, die oben rechts in das Bild hineinragt, steht heute noch ein Torso von ca. 1 Meter Durchmesser; zu sehen ist der mächtige Baum auch noch auf dem Winterfoto der Kirche unten. Nachtrag: Den Torso der Buche gibt es nicht mehr.
Der langjährige ev. Lagerpfarrer im Durchgangslager Friedland, Johannes Lippert, Sohn des Lehrers Friedrich Lippert in Dieck, hielt in einer Notiz fest, dass die Kirchenglocke von 1575 noch 1938 in der schönen Fachwerkkirche vorhanden war.
1560 wurde das Dorf angelegt, s. oben; demzufolge kann davon ausgegangen werden, dass die Kirche ca. 15 Jahre nach der Ortsgründung gebaut wurde. In einer weiteren Notiz wird berichtet, dass die Inneneinrichtung um 1650 vom „Vorgängerbau“ übernommen wurde; danach könnte die abgebildete Fachwerkkirche ein „Nachbau“ sein. Es ist nicht überliefert, ob der Erstbau abgebrannt, zerstört oder nur umgebaut wurde.
1939 wurden viele Kirchenglocken eingezogen, eingeschmolzen und durch kleinere ersetzt; ob es so war, ist nicht verbrieft. Auf jeden Fall existierte noch vor der Zerstörung der Kirche 1959 eine Glocke im Kirchturm, die Jozef Kadlob (Bewohner der ehem. Schule) noch geläutet hat. Wo ist sie geblieben? Wahrscheinlich dort, wo auch die Grabkreuze gelandet sind: Schrottplatz.

So sah ein (noch) unbekannter Maler die Kirche von innen; sein Signum ist unten in der rechten Ecke erkennbar, jedoch nicht lesbar; das Foto stammt aus dem Heimatkalender von 1926.

Kirche im Winter – ungeheizt – die Gottesdienste wurden dann immer in der Schule abgehalten, dort war ein großer Kachelofen; teilweise mussten die Besucher Holz oder Briketts mitbringen.


Undatiertes Foto der Kirche, aber vor 1945. Die schöne Feldsteinmauer war 1959 noch vorhanden, nunmehr nicht mehr, sie wurde für den Eigenbedarf abgetragen.

Ebenfalls undatiert; obwohl unscharf, dennoch historisch, es zeigt einen Pastor in der Eingangstüre, den man „Karl den Großen“ nannte – wer war dieser Pastor, wie hieß er wirklich?

Eine eigene Chronik über amtierende Pastoren gibt es nicht, da Dieck zum Kirchspiel Wulfflatzke gehörte und die dortigen Seelsorger für Dieck zuständig waren. Obwohl es die Diecker Kirche nicht mehr gibt, existieren mehr alte Fotos, als von der heute noch vorhandenen Kirche in Wulfflatzke.

Post

Das ehemalige Post- und Wohngebäude der Familie Buchholz war schon bei meinem ersten Besuch in Dieck 1988 eines der gepflegtesten Häuser in Dieck; die schöne alte Holz-Veranda ist zwar verschwunden, dennoch ist an der Grundstruktur des Hauses wenig verändert worden. Die Posthalterei wurde 1936 von Arthur Rünger auf Fritz Buchholz übertragen.

Post- und Wohngebäude der Familie Buchholz um 1920.
Die Herren mit dem Fahrrad sind „Chauseekratzer“, Straßenarbeiter, die gerade eine Pause einlegen; ganz rechts ist Opa Buchholz und die Damen in Weiß, Oma Albertine mit Tochter Anna und hinter dem Zaun steht Emma Buchholz.

Das gleiche Haus modernisiert 1996

Die Aufnahme stammt aus der Zeit um 1930. In der Veranda, gleichzeitig Zugang zum Postschalter, steht der Posthalter Fritz Buchholz (Sen.), im li. Fenster ist Oma Albertine und im anderen Frieda Buchholz zu sehen.

Das gleiche Haus 2004 mit neuem Dach, aber ohne Veranda.

Hier im Haus der Familie Rünger war die Post vor 1936;
von li.: Arthtur Rünger als Posthalter, meine Mutter Margarethe, geb. Rünger sowie Oma und Opa Rünger; Opa Rünger war Dorfschmied, Herr Haß war Gutsschmied.

Gut

Das Gut Dieck gehörte früher zum größeren benachbarten Gut Wulfflatzke und war im Besitz der Familie von Bonin, die es um 1850 verkaufte. Innerhalb von ca. 70 Jahren wechselte das Anwesen samt Ländereien 6 oder 7 x den Besitzer; mit dem Verkauf war das Gut aus dem Boninschen Lehen entlassen.
Ferdinand Schmidt, Großvater der heute noch lebenden Renate Garbers, geb. Gabain, kaufte 1919 das Gut für 875.000 RM, nachdem er seinen Bauernhof bei Stettin verkauft hatte. Sein einziger Sohn fiel im 1. WK, so dass seine Tochter Charlotte Erbin wurde. Frau Charlotte Schmidt erbte das Gut, nachdem ihr Vater an den Folgen der spanischen Grippe gestorben war und heiratete 1920 einen August Friedrich Früchtenicht, der aber wenig von der Landwirtschaft verstand und sich nach Jahren der Misswirtschaft alsbald „aus dem Staube“ machte – der Betrieb war heruntergewirtschaftet.
Dann kam Waldemar Gabain auf das Gut als landwirtschaftlicher Verwalter (Gutsinspektor). Er stammte aus einer wohlhabenden Hamburger Kaufmannsfamilie hugenottischen Ursprungs und brachte nicht nur Neigung, sondern auch Erfahrung für einen derartigen Betrieb mit. Darüber hinaus steckte der neue Verwalter sein eigenes geldliches Vermögen in den Betrieb. Von nun an ging es aufwärts.
Mit gemeinsamer Anstrengung gelang es beiden, der Besitzerin und ihrem Verwalter ein florierendes Unternehmen aus dem Betrieb zu machen, indem sie alle Möglichkeiten des Gelderwerbs nutzten, z. B. Vergrößerung des Viehbestandes, Saatkartoffelanbau, Erneuerung des Maschinenparks, die Stallungen wurden umgebaut und dem angestiegen Viehbestand angepasst, Einstellung weiterer Hilfskräfte, Fleisch- und Fischverkauf, Bewirtung von Feriengästen usw. Das Gut prosperierte in den Folgejahren und wurde zum Wirtschaftsfaktor im Ort und genoss damit hohes Ansehen.
1930 heirateten Charlotte und Waldemar – von nun an sprach man vom Gut Gabain.
Eine ältere Aufstellung besagt, dass die gesamte Nutzfläche des Gutes 1.456 Morgen betrug, davon 160 Morgen Wald 50 Morgen Teiche und der Diecksee.
Am 30. Januar 1945 verließ die Familie mit einem Treck ihr Anwesen gen Westen.

Foto des Gutshauses zur Hofseite um 1930 – noch fehlt das Rondell.

v. r. Waldemar Gabain, Charlotte mit Sohn Hans, daneben eine Bekannte.

Ursel Gabain mit ihren kletternden Ziegenböcken auf der Treppe zum Hof.

Aquarelle von Waldemar Gabain zeigen das Gutshaus jeweils zur Hofseite 1930.

Getreideernte mit Selbstbinder und Pferden 1940; die Garben waren gebunden, mussten aber von Hand zu Stiegen aufgestellt werden.

Der erste und einzige Lanz Bulldog im Dorf; man hörte ihn morgens bei uns auf dem Abbau (ca. 2 km), wenn er nach dem Vorglühen angeworfen wurde.

Herrschaftliche Ausfahrt im Landauer mit 2 PS im Sommer

und im Winter ebenfalls mit 2 PS – die Hufeisen bekamen dann Stollen.

In den „Erinnerungen an meine Kindheit in Pommern“ hat Renate Garbers, geb. Gabain alles Wissenswerte über das Gut niedergeschrieben; das Büchlein ist im Kreisheimatmuseum in Eutin ausgelegt. Die Fotos für die Abschnitte „Gut“ und „Dorfleben“ hat Renate Garbers, geb. Gabain zur Verfügung gestellt .

Wer weiß etwas über die „Diecker Torfahrtscheune“, wo hat sie gestanden und wem hat sie gehört?

Waldemar Gabain als Jäger mit Hund; lieber ging er mit Farbe und Pinsel auf „Motivjagd“.

Dorfleben und Brauchtum

Maifeier mit Volkstanz 1937 am Gutshaus.

Erntedankfest 1934 mit Umzug in der Dorfstraße.

Dieck zählte im Kreis Neustettin mit seinen gut 200 Einwohnern eher zu den kleineren Orten. Das hatte aber auch den Vorteil: Jeder kannte Jeden! Wenn es im Dorf etwas zum Feiern gab, machten alle mit und das nicht nur bei offiziellen Feiern, auch bei privaten Feiern gab es „Zaungäste“, die nicht abgewiesen wurden und zu vorgerückter Stunde mitfeierten. Anlässe fanden sich genug, wie Geburtstage, Taufen, Verlobungen und Hochzeiten sowie Jubiläen aller Art.
Manche Feiern – wie oben – waren zu der Zeit von der Politik gesteuert; dennoch boten die Veranstaltungen der Landbevölkerung eine willkommene Abwechslung in ihrem nicht so leichten Arbeitsalltag: Man zog die beste Kleidung an, die Akteure in Trachten, die Hauseingänge und die Hofeinfahrten waren geschmückt – zur Maifeier mit Birkengrün, zum Erntedankfest mit Blumen und Gebinden aus Getreidehalmen. In der Kirche wurde die Erntekrone aufgehängt und Früchte aus Feld und Garten wurden neben dem Altar in Körben dargeboten (geopfert).
Auch die Geselligkeit – man nannte es „Vergnügen“ – kam in Dieck nicht zu kurz. Im Gasthof Kasulke gab es Tanzveranstaltungen und in der Schule wurden Filme gezeigt mit der Wochenschau (Propaganda) vorneweg und Heimatfilme als Hauptteil; für uns Kinder gab es Stummfilme der bekannten Art, den Hauptfilm durften wir nicht sehen, dann mussten wir nach Hause.
An Ostern, Pfingsten und Weihnachten wurden auch die sogenannten „Dritten Festtage“ zum Ausspannen oder Feiern genutzt, dafür gab es aber in der Zwischenzeit keinen arbeitsfreien Sonnabend und für die Bauern in der Regel auch keinen Sonntag als Ruhetag.
Einen besonderen Brauch gab es für Kinder zu Ostern: Sie gingen am 1. Ostertag in der Frühe mit kleinen Körben und einer „Stieperute“ (Reisig) zu Verwandten oder Nachbarn, während diese noch im Bett lagen, hoben die Bettdecke hoch und forderten mit dem Spruch: „Stiep, stiep, Osterei, gibst du mir kein Osterei, hau ich dir das ganze Hemd entzwei“, Süßigkeiten ein. Die Aufgesuchten waren schon immer darauf vorbereitet, warteten im Bett und gaben den Kindern buntbemalte gekochte Hühnereier sowie bunte Zuckereier, letztere waren eher willkommen – zu Hause angekommen, waren die Zuckereier meistens vernascht.
Ein weiterer Brauch zu Ostern war die Sache mit dem „Osterwasser“: Man sollte, ohne mit jemand zu sprechen, ganz früh am Ostersonntag an eine Quelle gehen, dort frisches Wasser schöpfen und sich damit das Gesicht abwaschen – es sollte schön machen, auch lästige Sommersprossen sollten verschwinden; dieser Brauch wurde hauptsächlich von Mädchen und jungen Frauen gewählt. Ob es genutzt hat, ist nicht bekannt.
An Heiligabend war der Weihnachtsmann ein „Muß“ in fast jedem Haus. Da in den Häusern und Haushalten meist mehrere Generationen wohnten, waren auch immer kleine Kinder zugegen, die ihre Geschenke nur vom Weihnachtsmann erhielten, nachdem sie ein Gedicht oder Lied vorgetragen hatten. Zuvor hatte der Mann mit der Maske und dem Bart noch die „Schandtaten“ der Kinder aufgezählt, Ermahnungen ausgesprochen und mit der Rute gedroht; an diesem Zeremoniell nahmen meist alle Bewohner des Hauses teil, auch wenn sie nicht zur Familie gehörten – somit bekamen nicht nur Oma und Opa ihr Geschenk vom Weihnachtsmann, sondern alle Anwesenden. Das anschließende Weihnachtsessen war dann sehr reichhaltig und neben dem Beschenktwerden der Höhepunkt des Heiligen Abend. Was ist davon heute noch übriggeblieben?

Hochzeit Ehepaar Spande, Datum unbekannt.

Wer hat hier um 1925 geheiratet?

Goldene Hochzeit Ehepaar Battige, Datum unbekannt.

Kaffeetafel am Rehmerowsee 1925, h. Reihe, 3. v. l. Charlotte Früchtenicht, später Gabain, direkt davor in der Kinderreihe Ursel

Familie Wolckenhaas in Holtdorf, bei der Gabains im Sommer 1945 mit dem Treck Station machten.

Badefreuden 1925 am Rehmerowsee;

Eisangeln 1936 auf dem zum Gut gehörenden Diecksee.

Kriegerverein in Dieck, zwischen 1930/35 v. l. 1. R. mein Onkel, Arthur Rünger, gleich daneben mit Hut, mein Vater Oskar Wendlandt, hinter Onkel Arthur, der kleine mit Hut ist Willi Drews; die anderen sind nicht bekannt, auch nicht, wo sich der Schützenstand befand.

Meine ersten Schritte 1936 in die Arme meiner Mutter, Margarete Wendlandt, geb. Rünger, auf unserem Bauernhof in Dieck, Abbau.

Man posiert für die Damenwelt – mit Zigarette, vorne Fritz Buchholz, oben rechts Otto Redmer, die anderen beiden sind nicht bekannt.

„Holde Jugend“, war auf der Rückseite vermerkt. In der Mitte (stehend) Fritz Buchholz, der spätere Posthalter nach Arthur Rünger – keiner lächelt!
Bitte melden, wenn noch jemand erkannt wird!

Flucht – Russen – Ausweisung
Ein Bericht des letzten Lehrers in Dieck, Friedrich Lippert, v. 25.7.1950, verkürzt wiedergegeben durch Klaus Wendlandt. Am 18.1.45 kam der Befehl: „Fertigmachen zum Treck!“ Am Abend des 30.1.45 kam der Befehl zum Abmarsch. Treckführer waren Gutsbesitzer Gabain und Bürgermeister Steltner. Labenz Mühle schloß sich an. Der Weg sollte über Steinforth, Groß Born, Krangen nach Eulenburg führen. Vorher waren schon Trecks aus Ostpreußen und dem Netzegebiet durchs Dorf gezogen; an den Abenden Feuerschein aus Richtung Ratzebuhr, Landeck, Jastrow. Es herrschten Angst und Sorge. Die Männer waren größtenteils an der Front oder in den letzten Tagen zum Volkssturm einberufen worden – so auch mein Vater.
Die Wege waren tief verschneit, Bespannung schlecht, da die besten Pferde an der Front. Der Treck riß auseinander, der Teil mit Bulldog (Gabain) und stärkerer Bespannung kam durch bis Kölpin/Juchow, der andere Teil blieb nach einigen Km stecken, kehrte um und wollte es am nächsten Tag nochmal versuchen. Wir fuhren nicht in das Dorf zurück, sondern kamen bei Fritz Steffen (Abbau) unter. Der 2. Versuch scheiterte daran, dass die Russen schon in Steinforth waren. In der Nacht zum 1.2.45 kamen die ersten Russen ins Dorf. Bauer Otto Mieske, Ernst Steffen und ich (Lehrer Lippert) fuhren nochmals ins Dorf, um etwas zu holen, wurden von den Russen geschnappt und auf den Gutshof zum Verhör gebracht, dabei büßten wir unsere Uhren ein. Dann hörten wir Schießerei aus Richtung Labenz Mühle, es kamen deutsche Soldaten aus Neustettin, die Russen ließen uns abfahren. Der alte Hermann Speckmann war seit dem Tage verschwunden, wahrscheinlich verschleppt und getötet. Die Russen verließen das Dorf, es wurde von rund 50 deutschen Soldaten besetzt.
Auf Anraten der deutschen Kommandantur Neustettin verließen wir am 5.2.45 Dieck mit den Familien Steffen, Mieske, Steltner, Noeske, Buchholz und wir mit 22 Personen auf 5 Fuhrwerken in Richtung Gellin/Mossin. In Mossin Übernachtung im Massenquartier, am nächsten Tag weiter über Streitzig, Persanzig nach Storkow zu Verwandten von Steffens; in Storkow lag noch ein Ostpreußentreck. Vielen Dieckern ist es gelungen, noch einen Weg nach Westen zu finden, uns aber blieb diese Möglichkeit versperrt, da der Russe am 28.2.45 Storkow besetzte.
In Dieck blieb nur ein altes Ehepaar (wer?), beide über 80, zurück.
Schicksale/Verluste: Hermann Speckmann – ungeklärt, Bauer Paul Oldenburg in Ristow/Belgard erschossen, Frau Mieske in der Schäferei bei Eschenriege erschossen, ihr Mann Otto Mieske und Posthalter Fritz Buchholz wurden nach Danzig verschleppt; O. M. dort verstorben, F. B. kam nach Westen.
Mit der Besetzung Storkows durch die Russen wechselten sich täglich Plünderungen, Vergewaltigungen, Erschießungsandrohungen und Vertreibungen ab. Der Administrator verzichtet nun darauf, die geschilderten Abscheulichkeiten, vor allem Vergewaltigungen, hier im Einzelnen aufzuführen. Die Russen trieben uns vom Hof in einen kleinen Raum eines Tagelöhnerhauses und sagten uns, dass wir erschossen werden. Am nächsten Tag Vertreibung in ein großes Russenlager im Repliner Wald, nahe Klein Dallenthin und dann hieß es: Nach Hause! Weitere Stationen: Ein Abbau bei Dallenthin, wo schon viele andere Schicksalsgenossen aus anderen Orten waren – Plünderungen, Vergewaltigungen – weiter zum Bahnhof, eine Nacht dort > die reinste Hölle > Frau Steffen nahm sich dort das Leben.
In Neustettin angekommen, alle in Keuns Hotel gebracht, auch die in Neustettin verbliebenen Einwohner; es herrschten unbeschreibliche Zustände, kein Licht, kein Wasser, überall Kot, dazwischen tobten betrunkene Russen herum.
Die Stadt war wenig zerstört, nur einige Häuser am Südende. In der Preußischen Straße brachen Brände aus, von den Russen angelegt. Als immer neue Flüchtlingen kamen, sollten wir in unsere Dörfer zurück.
Am 8.3.45 verließen wir, meine Familie, Ernst Steffen und Familie Nimz aus Storkow, Neustettin und kamen bis Thurow, dort Übernachtung im Tagelöhnerhaus von Löffler.
Am 9.3.45 kamen wir auf verschneitem Wege nach Dieck. Hier waren die Russen Tage vorher abgezogen. Im Hause wüste Unordnung. Alle Bücher aus Wohnung und Schule geworfen, lagen im Hof in Schnee und Dreck, Mobiliar zertrümmert usw. Das Rindvieh war abtransportiert, aber einige Kühe waren entlaufen und trieben sich in der Nähe des Dorfes herum. Wir haben über 20 Stück eingefangen und in die Ställe gebracht. Bauer Drews war vor uns aus Kölpin zurückgekehrt. In den nächsten Wochen trafen aus der Nähe von Greifenberg Glasenapps, Redmers, Buses und Kasulkes in Dieck ein.
Am 9.5.45 kam auch Bürgermeister Steltner von Rügen zurück und Frau Mausolf aus Stralsund.
Die Russen setzten mich als Bürgermeister ein. Ich mußte jeden Sonnabend zu Fuß nach Neustettin zum Woid (poln. Amtsvorsteher), um Befehle entgegen zunehmen. Täglich weiterhin Plünderungen durch Russen und Polen, alles was gefiel, wurde mitgenommen. Es wurde etwas besser, als ein russisches Kommando aufs Gut kam zur Bewachung von 250 deutschen Gefangenen, die aus dem Lager Stargard kamen und die Ernte einbringen sollten. Männer, Frauen und Mädchen mußten arbeiten und erhielten Beköstigung. Meine Frau und Frau Hanert mußten jeden 2. Tag Brot backen, dabei blieb jedes Mal ein Brot für uns übrig, auch Mehl zur Suppe.
Rückblende: Am 9.4.45 war ich in Neustettin beim Starosten, um die Erlaubnis zum Kornmahlen zu holen, wurde aber auf der Straße von poln. Miliz verhaftet, trotz Ausweis als Bürgermeister. Es folgen für Fritz Lippert Verhöre, Mißhandlungen, Gefängnisaufenthalte und eine Odyssee von Orten mit Zwangsarbeit, die ihn über Schneidemühl, Bahrenbusch, Ratzebuhr, Flederborn, Jastrow, Betkenhammer, Plietnitz, Kranska, Borkendorf, nach Schneidemühl und Jastrow führten. Am 19.4.45 ging ein Kohlenzug (offene Loren) von Jastrow nach Neustettin, auf dem ich mit dem Postboten Krause aus Wulfflatzke und Behnke aus Labenz saß; in Lottin sind wir abgesprungen und übers Feld nach Wulfflatzke und Dieck gelaufen. Die Freude meiner Frau war groß, als ich heimkam, denn sie hatte keine Ahnung, wo ich in der Zwischenzeit (10 Tage) war.
Im Haus war ein russischer Kapitän einquartiert, ein freundlicher Mann, eine rühmliche Ausnahme.
Inzwischen hatte sich zwischen Russen und Polen eine gewisse Feindschaft entwickelt. Die Russen transportierten alles nach Osten ab, der Pole sollte nur die Erde behalten, sagte der russische Kommandant, der im Gutshaus residierte.
Nach dem Potsdamer Abkommen wurden die Polen immer dreister und riefen uns zu: Über Oder! Wer irgendwie konnte, verließ die Heimat. Ein polnischer Straßenaufseher sagte zu mir: Herr Lährer fort, letzten beißen Hunde, kommen alle in Lager.
Am 17.9.45 gingen wir mit einem Transport von Neustettin nach Westen ab. 14 Tage später sind dann auch die anderen gefolgt. 3 Familien, Buchholz, Horn und Drews, wurden von den Polen zurückgehalten; diese sind erst 1947 ausgewiesen worden und haben lange bei den Polen arbeiten müssen.“
Im Weiteren folgt der Transport in und auf offenen Güterwagen nach Westen, der nach dem gleichen Muster ablief, wie ich es in „Meinen Erinnerungen an Dieck“ beschrieben habe. Auch wir, meine Mutter, 3 Geschwister und ich sind im August 1947 von Wulfflatzke aus in den Westen, wo unser Vater schon war, ausgereist – wir mußten nicht, wir hätten auch bleiben können, so wie Jürgen Werner, der heute noch in Wulfflatzke wohnt.
Dieser Bericht über „Flucht und Vertreibung“ sollte eigentlich der einzige auf dieser Homepage bleiben, aber zum Vergleich ist ein weiterer Bericht auf der Thurower Seite in Kurzform niedergeschrieben.

Meine Anmerkungen zu vorstehendem Bericht: Im Nachhinein muß ich sagen, dass wir in der Zeit der Entbehrungen und Angst von Januar 1945 bis 20. September 1947 (Ankunft in Koberg bei Mölln) immer einen Schutzengel bei uns hatten und teilweise auch mit verständnisvollen Russen und hilfsbereiten, ja sogar netten Polen*) zu tun hatten; mit Kühehüten, Holzsägen und Erntehilfe haben wir uns über Wasser halten können und sind nicht verhungert – alles in allem war es eine schlechte und doch eine gute Lebenserfahrung, die man so schnell nicht vergißt, gerade in der heutigen Zeit des Überflusses.
*) Hier möchte ich vor allen das Ehepaar Pawlotta (Hof von Ewald in Wulfflatzke) nennen, bei denen ich Kühe gehütet habe und schon fast zur Familie gehörte – ich sollte dableiben und zur Schule gehen. Am Tag der Abreise kam noch Pan Pawlotta in unsere Wohnung, brachte uns etwas zum Essen, gab meiner Mutter noch ein paar Zloty und verabschiedete sich bei uns mit Tränen in den Augen – eine Geste, die ich nicht vergessen werde.

Nicht nur diese Begebenheit, sondern auch die Liebe zur alten Heimat haben uns, meine Frau und mich dazu bewogen, seit 1988 jedes Jahr dorthin zu fahren, wo ich geboren wurde. Wir haben mehrere Freundschaften zu polnischen Familien und sind dort gern gesehene Gäste.

Die Diecker Transportliste vom 6./7. August 1947

Wie schon oben erwähnt, sind mit diesem Transport die letzten ehemaligen Diecker nach Westen ausgereist. Nach den Aufzeichnungen von Lehrer Fritz Lippert waren es die Familien Horn, Buchholz und Drews sowie August Schellenberg mit insgesamt 17 Personen; die übrigen in der Liste aufgeführten Personen waren keine „echten“ Diecker, sie waren wohl nur kurzfristig für den Transport in Dieck untergebracht. Die Diecker Familie Wendlandt ist über die Wulfflatzker Liste in den Westen übergesiedelt – siehe dort. Während Dieck/Dziki „deutschfrei“ wurde, sind in Wulfflatzke/Wilcze Laski ein oder zwei Familien verblieben.
Übersetzung der Berufsbezeichnungen in Spalte 6 der Liste: Robotnik = Arbeiter; Robotnica = Arbeiterin;
Rolnik = Landwirt; Rolniczka = Landwirtin; Dziecko = Kind; Gos. Dom = Hausfrau.
Die Transportlisten hat Kamil Kruszewski aus dem Staatsarchiv Szczecin <http://www.szczecin.ap.gov.pl/> beschafft.
Die Zusammenstellung des Transportes mit insgesamt 1.467 ausgewiesenen Deutschen aus Neustettin, Krangen, Sparsee und Ratzebuhr in 35 Viehwaggons kann in der Galerie zu Dieck eingesehen werden – das Dokument ist auf den 8. August 1947 datiert.
Mit diesem Transport zur Ausreise gab es keine Deutschen mehr in Dieck/Dziki!

Dieck/Dziki nach 1945

Kartographie von Dieck/Dziki aus der Zeit von 1960/70. Die Neubauten Richtung Steinforth gibt es noch nicht; das Anwesen von Rüngers und die Dorfschmiede sind noch verzeichnet, die Kirche fehlt aber schon, sie wurde 1959 zerstört und danach abgebrochen; sie stand dort, wo der Friedhof eingezeichnet ist.

Keine Deutschen mehr in Dieck/DzikiAm 6. August 1947 sind die letzten deutschen Bewohner von Dieck nach Neustettin/Szczecinek zum Sammeltransport gefahren worden – es waren die Familien Buchholz, Drews und Horn – gefahren wurden nur die älteren, die jüngeren mußten zu Fuß gehen. „Es wurde für die verbliebenen drei Familien immer enger, weil immer mehr polnische Familien nach Dieck kamen“, so die Erinnerung von Karin Krüger, geb. Buchholz.
Alle Häuser, soweit sie nicht zerstört waren, wurden durch Polen besetzt; alle Abbauten, bis auf den von Otto Mieske, existieren nicht mehr, die schöne Fachwerkkirche wurde zerstört, das Gutshaus wurde zunächst eine russische Kommandantur und später Hotel, die Schule wurde zum Wohnhaus. Deutsch wird dennoch in Dziki gesprochen: durch die Familie Jozef Kadlob in der ehem. Schule und durch den Hotelbesitzer Eugenius (Emil) Jankowski, der aus der Ruine (unten) ein schmuckes Hotel gemacht hat.

So sah das ehemalige Gutshaus 1986 aus – es war eine einzige Ruine – im Frühjahr 1945 war hier eine russische Kommandantur eingerichtet worden.

Die Giebelseite der Ruine; den Dachstuhl haben die Russen oder andere verfeuert.

Aber Eugenius Jankowski, genannt „Emil“ hat das ehemalige Gutshaus zu neuem Leben erweckt und ein Hotel daraus gemacht, in dem sich gut wohnen und urlauben lässt; Halina ist eine gute Köchin.

Aus der Ruine ist ein Hotel geworden, das Halina und „Emil“ Jankowski mit Erfolg betreiben; Foto zeigt die Hofseite mit gepflegten Außenanlagen.


Urlauber Gerd, Thea und Klaus auf der Terrasse zur Seeseite.

Hotel zur Seeseite, von hier hat man den Blick auf den Rehmerowsee, durch den die spätere Plietnitz fließt.
v.l. Renate Gabain, Emil und Halina, auf der Treppe zur Hofseite;

    
Drei Aquarelle des Malers Siegfried Barz zeigen jeweils das Gutshaus v.o.n.u. 1930 Hofseite, 1960 als Ruine (Seeseite) und 2015 wieder zur Hofseite mit dem Rondell.

Kirche und Friedhof und was von beidem geblieben ist?

Alte und jüngere Bäume sowie ein paar Fundamentsteine markieren noch sehr gut den Grundriss der ehemaligen Kirche, die 1959 noch als Ruine zu sehen war, s. l. Foto aus einem poln. Buch. Reste von Grabanlagen sind jetzt noch vorhanden und die Steinschwelle zum Kircheneingang ist auch noch da, sie ist nur überwuchert. Der Torso der einstmals mächtigen Buche ist gefällt worden, sie musste dem 2019 angelegten Bürgersteig weichen. Zur Dorfsanierung siehe weiter unten.

Kleiner Nachruf für die Köchin des Gutes Frieda (Friedel) Wendler

Frieda (Friedel) Hochsprung mit Freundinnen Gerda, Minna und Hertha, v. l.

Kirche in Grumsdorf – ähnlich wie die Diecker Fachwerkkirche

Frieda Wendler 100-jährig in einem Pflegeheim


Frieda Wendler, geb. Hochsprung
wurde 1914 in Grumsdorf, Kreis Neustettin geboren und hatte schon in jungen Jahren kein leichtes Leben, sie war aber mutig und hatte heikle Situationen stets gut gemeistert.
Frieda Hochsprung, genannt Friedel, war mehr als drei Jahre bei Charlotte und Waldemar Gabain als Köchin auf dem Gut in Stellung. Die Tochter Renate Garbers, geb. Gabain, beschreibt Friedel als sehr arbeitssam, warmherzig und mutig. Und genau diese Eigenschaften brachten Friedel drei Jahre Gefängnis ein.
Der Fall trug sich folgendermaßen zu:
Bevor Friedel die Stelle als Köchin in Dieck bei Gabains antrat, war sie auf dem Gut der Familie Schröder in Gellen als Köchin angestellt; es war schon Krieg und russische Kriegsgefangene leisteten auf dem Gut Schröder Zwangsarbeit. Eines Tages mußte Friedel mit ansehen, wie kranke russische Kriegsgefangene während des Appells auf dem Hof vor Schwäche kaum stehen konnten. Zitat: „Da nahm der Wachmann den Gewehrkolben und schlug die Männer zu Boden. Der Wachmann kam mittags zum Essen und erzählte ganz stolz von dem Geschehen, darauf sagte ich (Friedel) zu ihm, wie kann man wehrlose Menschen so schlagen, er solle ihnen lieber Tee und Weißbrot geben, damit sie wieder gesund werden; er sagte darauf: ‚ Ach, so eine sind Sie!‘ Ich entgegnete ihm, dass die Russen keinen Krieg wollten und wir auch nicht! Als der Wachmann wieder auf dem Feld war, brachte ich den Kranken Tee, Weißbrot und Milchsuppe in die Baracke. Auf einmal stand der Wachmann vor mir. Er hatte es sofort dem Stab gemeldet und die Sache ging vor Gericht. Ich kam nach Köslin ins Gefängnis und was ich da erlebt habe, war unbeschreiblich grausam – als ich nach drei Jahren entlassen wurde, wog ich nur 47 Kg.“
Auf eine Annonce trat Friedel die Stelle bei Gabains in Dieck an und hatte der Gutsherrin sofort gesagt, dass sie im Gefängnis gesessen habe; Frau Gabain bedankte sich für die Ehrlichkeit und es blieb geheim.
Auch hier hatte Friedel wieder ein Herz für die Kriegsgefangenen, die auf dem Gut schwere Arbeit leisten mußten und dann auch noch wenig zu essen bekamen, u. a. Magermilchsuppe – daraufhin ordnete Frau Gabain Vollmilchsuppe an und wurde angezeigt.
In unzähligen Briefen an Renate Garbers berichtet Friedel von weiteren gewagten Zuwendungen zugunsten der notleidenden Kriegsgefangenen, die sowohl sie als auch Charlotte Gabain zu verantworten hatten, obwohl es höchst gefährlich war.
Als Gabains am 31. Januar 1945 „treckten“, ging Friedel nicht mit ihren Herrschaften, sondern nach Grumsdorf bei Wurchow, ihrem Heimatort, um von dort aus mit ihrer Familie die Flucht nach Westen zu versuchen. Die Flucht gelang nicht. Erst im Juli 1947 kam Friedel mit einem Transport von Neustettin in die Nähe von Berlin.
Der Spruch unter der schönen Fachwerkkirche:
Heimatlicher Glockenklang, führte dich dein Lebenlang.
Gott hielt dich in seiner Hut, stärkte dir Herz, Sinn und Mut.
Er leite heim aus Feindesland, die Söhne dir in’s freie Pommerland.

Vortrag über Dieck und Dziki

Für den Vortrag war alles bestens vorbereitet – die Fotos aus dem Saal des Gemeindehauses zeigen es.

Blick in den Vortragssaal, im Hintergrund links die Bürgermeisterin.

Kamil Kruszewski beim Vortrag

Über 25 Bürger des Dorfes waren dem Plakataufruf gefolgt und sind in das Dorfhaus gekommen, um den zweigeteilten Vortrag zu hören.

Sanierung des Dorfes 2018 bis 2020

Aufgrund der von der EU bereitgestellten Mittel konnte in Dieck/Dziki die Infrastruktur erheblich verbessert werden, dazu zählen: Die Straße, Bürgersteige, Beleuchtung, Kanalisation, Breitband usw.; die Straße nach Thurow/Turowo wird ebenfalls auf den neuesten Stand gebracht, damit die Ausweichmanöver ein Ende haben. Weitere Fotos können in der Galerie eingesehen werden.
Krzysztof Kadlob hält mich dankenswerterweise auf dem Laufenden.

Wird fortgesetzt!

Straßensanierung in Höhe der ehemaligen Kirche Richtung Wulfflatzke 2019

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