Neustettin


Gruß aus Neustettin als Ansichtskarte um 1940

Karte aus dem Privatarchiv von Christa Dogs. Soweit erkennbar die Gebäude von links: Central Hotel, Cafe Reingold, Wellnitz Gasthof und Kolonialwaren Niekal, auf der anderen Seite: Haus von Carl Schenk.

Ansicht des Marktplatzes 30 Jahre später mit anderen Häusern – Repro aus Bildband von Heinz Jonas; mit freundlicher Erlaubnis von Brigitte Jonas.


Heimatmuseum in Eutin mit dem alten Nikolaiturm aus Neustettin.


Der alte Nikolaiturm, vermutlich in den 40-er Jahren; ein Foto von Jurek.

Das Bild oben zeigt den Turm der alten Nikolaikirche; die Kirche wurde um 1300 erbaut, der Turm erst 1579. Die Kirche stand nahe der Königsstraße. 1909 wurde das Kirchenschiff abgerissen und im verbliebenen Turm ein Heimatmuseum eingerichtet, welches bis 1935 bestand. Eine feierliche Wiedereröffnung als Regionalmuseum mit Sammlungen aus dem Kreis Neustettin/Szczecinek erfolgte 1958. Die ganze Geschichte des Museums nachstehend:

Wie kam es zu diesem Museum in Neustettin? Die Anfänge von Museen waren eher Sammlungen und Rüstkammern, wie sie vor allem in Schlössern, Burgen und Herrenhäusern zu finden waren. In Pommern war es ein preußischer Major a. D., namens Kasiki, der 1860 in Hinterpommern aus Ausgrabungen 1866 eine „Rüstkammer“ mit ca. 700 Gegenständen in der Landeshauptstadt Stettin einrichtete.Erst zur 600-Jahrfeier 1910 hatten die Persönlichkeiten wie der Historiker Tümpel und Bürgermeister Sasse die Idee, 1913 in Neustettin einen Museumsverein zu gründen. Dank weiterer Unterstützer konnte 1914 ein Museum im Turm der (alten) Nikolaikirche eröffnet werden.

1935 wurde das Museum aus Platzmangel und weiteren Gründen mit seinen Exponaten in das Schloß verlegt.

Beim Einmarsch der Roten Armee 1945 hatten sowjetische Soldaten die gesammelten Gegenstände und Unterlagen auf die Straße geworfen, so daß viele Unterlagen unwiederbringlich zerstört wurden. Einige Exponate und Unterlagen wurden aber durch polnische, weitsichtige Persönlichkeiten eingesammelt und damit gerettet, um wieder als Grundlage für ein Museum zu dienen.

Bereits 1947 gründeten die Herren Aleksander Stafinski und Priester Anatol Salaga eine Bürgerinitiative, doch wieder ein Museum mit den verbliebenen Exponaten im Turm der Nikolaikirche zu installieren. Elf Jahre gingen jedoch ins Land, bis das Museum 1958 feierlich eröffnet wurde. Der Verbleib des Museums im Turm sollte allerdings nur vorübergehend sein, ein Umzug in das Schloß war geplant, wurde aber nie realisiert. Erst 2006, als das Grundstück um den alten Nikolaiturm für einen Geschäfts-Neubau benötigt wurde, mußte eine neue Stätte für die Unterbringung der Gegenstände und Unterlagen gefunden werden, und zwar in der ul. Szkolna 1, ehem. Schulstraße, wo jetzt auch einige Unterlagen aus dem Neustettiner Heimatmuseum/Eutin eine letzte Bleibe gefunden haben. (Quelle: zusammengestelt aus der „Historie des Regional-Muzeum Szczecinek“ – red. bearb. Klaus Wendlandt


Eingang zum Regionalmuseum in der ehem. Schulstraße in Neustettin/Szczecinek; Foto: Koth/Szczytkowski


Heimatmuseum in Eutin – Abschied in Würde und Wehmut.
Am 30.6.2018 fand die öffentliche Verabschiedung des Kreis-Neustettiner-Heimatmuseums in Eutin statt. Es war eine würdevolle Verabschiedung mit Kranzniederlegung am Neustettinstein, Schloßplatz 1.

Die Menschen aus der Stadt und dem Kreis Neustettin liebten dieses überschaubare Museum mit den vielen originalen Exponaten und den interessanten Unterlagen aus der alten Heimat. Nicht nur Heimatfreunde, sondern auch andere Besucher haben sich in den Räumen umgeschaut; jederzeit standen ihnen kompetente Museumsbetreuer/innen für Fragen und Erläuterungen zur Verfügung. In der 26 Jahre währenden Ära hat das Museum viel Anerkennung und Wertschätzung erfahren – Fachleute haben es stets positiv beurteilt.

Alle Bemühungen, mit dem Museum am Ort zu verbleiben, waren gescheitert. Bis zum Jahresende 2018 müssen die Räume geräumt sein, da das Gebäude umgebaut werden soll.

Für den größten Teil des Museumsbestandes wurden gute Heimat- und Lagerstätten in verschiedenen Museen und Archiven gefunden: Das Schriftgut geht an die Martin-Opitz-Bibliothek in Herne sowie an das Archiv des Pommerschen Greif in Züssow. Die Exponate gehen zu Teilen an das Landesmuseum in Greifswald, nach Berlin in die Ausstellung „Flucht, Vertreibung, Aussöhnung“, an das Schulmuseum in Schönwalde sowie an das Stadtmuseum in Uslar.

In einem „virtuellen Rundgang“ lebt das Neustettiner Heimatmuseum weiter und kann für Interessierte im Internet angeschaut werden – der entsprechende Link wird später hier angezeigt.

Der Neustettinstein, den die Brüder Ulrich und Friedrich Schreiber 1985 stifteten, soll auch an die Zeit Neustettins erinnern, nämlich von 1310 bis 1945; 1945 ging die Heimat verloren, aber die Erinnerung bleibt! Ein Beitrag von Gesine Reinstrom, Vorsitzende des Neustettiner Kreisverbandes (red. bearb. Klaus Wendlandt)


23 Heimatfreunde/innen haben sich am Neustettinstein in Eutin versammelt,
um sich mit einem Blumengebinde vom Museum zu verabschieden; Foto von Christiane Mertins.

„Es war einmal ein Neustettiner Heimatmuseum in Eutin“. Im Heimatmuseum des Kreises Neustettin in Eutin/Holstein waren die Besucherinnen und Besucher immer wieder angenehm überrascht, wie vielfältig Erinnerungsstücke aus der Heimat zusammen getragen wurden.
Aus fast allen Orten und selbst von kleinsten Gemeinden waren Akten angelegt, die Fotos, Briefe, sonstige Schriftstücke und Dorfpläne, teilweise mit Namenslisten der ehemaligen Bewohner, enthielten.
Viele Heimatfreunde/innen hatten spontan die Übergabe von Stücken aus persönlichem Besitz zugesagt und übergeben, um die Sammlung zu ergänzen.
Diesen zentralen Aufbewahrungsort gibt es in Kürze nicht mehr; alles wird aufgeteilt, s. unten und hoffentlich bleiben keine Reste, die womöglich in der Abfalltonne landen, weil sie keiner haben will.


„Dieses Schild wird bald abgebaut“, meint Walter Mertins, Heimatfreund aus Stepen; Foto von Christiane Mertins

Dr. Jürgen Reinstrom schraubt das Museumsschild endgültig ab.


Gesine Reinstrom, Vors. des NKV, hält es zusammen mit l, Museumsverwalterin, noch einmal zur Erinnerung dem Fotografen am 16. August 2018 hin. Mit dem Abtransport der letzten Kartons schließt das Museum nach 26 Jahren für immer seine Pforten – spätestens zum Ende des Jahres 2018 – das Heimatmuseum des Kreises Neustettin ist dann Geschichte; in einem ausführlichen Beitrag, was, wo hingeht bzw. schon übergeben wurde, hat Gesine Reinstrom auf den Seiten 4 bis 6 der Ausgabe 1/2018 von „Mein Neustettiner Land“ dargestellt.
Das obige Schild „Heimatmuseum Neustettin“ ist dem Regionalmuseum Neustettin/Szczecinek mit den anderen Exponaten übergeben worden – siehe folgenden polnischen Zeitungsausschnitt:

Da der Zeitungsartikel kein Datum trägt ist zu vermuten, dass er kurz nach der Übernahme der Exponate 2018 geschrieben und veröffentlich wurde mit dem folgenden Titel:

Deutsche Heimatfreunde übergaben Exponate unserem Museum

„Seit mehreren Jahren hatte sich angedeutet, dass das Heimatmuseum in Eutin schließen mußte. Das Museum war im ehemaligen Marstall auf zwei Stockwerken untergebracht; die Räume gehörten der Stadt Eutin. Das Museum wurde von ehrenamtlichen Heimatfreunden/innen betreut, die vor 1945 im Kreis Neustettin gewohnt hatten.

Die Betriebskosten für das Museum wurden durch Spenden aufgebracht, die Räume wurden durch die Stadt kostenlos zur Verfügung gestellt. Das Spendenaufkommen verminderte sich im Laufe der Zeit und das Interesse der Besucher nahm ab. Die Stadtverwaltung plante einen Umbau und dazu benötigten sie die Räume des Museums – es folgte eine Kündigung zu Ende August 2018; es fand sich keine Bleibe für die Ausstellung.

Ein weiteres Problem war die Öffnungszeit des Museums: Nur einmal in der Woche oder nach Vereinbarung, die Museumsleiterin kam von auswärts. Lukasz Chmielewski, der Gründer des Portals Szczecinek.Org hat uns vor etwa einem Jahr erzählt, dass die Existenz des Heimatmuseums hauptsächlich auf dem sozialen Engagement einiger Heimatfreunde beruht. Diese Zeitzeugen sterben langsam aus und deren Nachkommen haben wenig Interesse, sich dem Thema „Heimat“ zu widmen. 

Schließlich wurde das Heimatmuseum geschlossen. Das Museum in Szczecinek hatte mehrmals angeboten, einige Ausstellungsstücke zu übernehmen.

Der Leiter des Museums in Szczecinek, Ireneusz Markanicz berichtet: „Wir haben vor ein paar Tagen einige Erinnerungen, Fotos, Bilder, Zeichnungen, Bücher und verschiedene Gegenstände erhalten. Das ist nur ein Teil der Ausstellungsstücke; ein weiterer Teil wurde an andere Institutionen verschenkt, wie Museen und Archive oder wurden von den Nachkommen abgeholt (Leihgaben).

Wir freuen uns, dass wir die Ausstellungsstücke bekommen haben, weil sie direkt mit unserer Stadt und deren Umgebung verbunden sind. Im Mai nächsten Jahres bekommen wir einige Stücke während einer Feierlichkeit. *) Das Museum in Szczecinek plant keine Sonderausstellung mit den deutschen Gaben, sie werden in die normale Ausstellung eingebunden und präsentiert.“

Das Eutiner Museum war ein Wissensschatz über den Kreis Neustettin. Es befanden sich dort Stücke wie ein Originalschlüssel zur Heiligen Nikolaikirche aber auch Familienerinnerungen. Sie sind beim Einmarsch der Russen 1945 wie ein Wunder unversehrt geblieben. *) Anm.: Die feierliche Übergabe erfolgte Mitte Mai 2019 – siehe bei „Aktuelles“ und hier weiter unten.

Übersetzung: Wioletta Bartosch, red. Bearb.: Klaus Wendlandt

Nachstehend die Institutionen, wo die Unterlagen und Exponate künftig zu finden sind:

1. Martin-Opitz-Bibliothek in Herne <www.martin-opitz-bibliothek.de>

2. Pommerscher Greif in Züssow <www.pommerscher-greif.de>

3. Pom. Landesmuseum, Greifswald <www.pommersches-landesmuseum.de>

4. Dorfmuseum in Schönwalde, Ostholstein <www.dorfmuseum-schoenwalde.de>

5. Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ in Berlin <www.sfvv.de/de>

6. Landesbibliothek in Eutin, Ostholstein <www.lb-eutin.de>

7. Regionalmuseum Szczecinek/Neustettin, Polen <www.muzeum.szczecinek.pl>

Ferner befinden sich Unterlagen unter nachstehenden Kontaktadressen in/bei:

8. Scharbeutz <info@gemeinde-scharbeutz.de>

9. Juchowo <info@juchowo.org>

10. MNL <mein-neustettiner-land@web.de>


Ein virtueller Rundgang durch das Museum in Eutin ist bei Youtube ins Netz gestellt worden – damit bleibt uns unser Heimatmuseum weiter in Erinnerung – bitte das Bild anklicken!

Juergen Reinstrom

Heimatmuseum Neustettin in Eutin 1992-2018

Ereignisreiche Tage in Neustettin/Szczecinek vom 16. bis 21. Mai 2019.

Gesine Reinstrom, Vorsitzende des Neustettiner Kreisverbandes (NKV), berichtet über „Ereignisreiche Tage in Neutettin/Szczecinek vom 16. bis 21. Mai 2019 in „Mein Neustettiner Land“ (MNL) – Nachfolgend ihr Bericht in Kurzfassung:

„Der Historiker und ehemaliger Direktor der Martin-Opitz-Bibliothek in Herne, Herr Dr. Wolfgang Kessler, hat uns in der Auflösungsphase unseres Kreis-Neustettiner-Heimatmuseums beratend zur Seite gestanden. Es war seine Idee, in Neustettin/Szczecinek eine öffentliche Übergabe ausgewählter Exponate aus unserem seit Dezember 2018 geschlossenen Eutiner Museum durchzuführen. Der Übergabetermin wurde auf den 18. Mai 2019 gelegt, den internationalen Museumstag. Auf dieser Fahrt nach Neustettin begleitete meinen Mann und mich unser ältester Sohn Dr. Normann Günther.

Im Vorfeld waren Gesprächstermine mit dem neuen Stadtbürgermeister, Herrn Daniel Rak, dem Landrat Herrn Krzysztof Lis, dem Museumsdirektor, Herrn Ireneusz Markanicz und dem neuen Direktor des Fürstin-Elisabeth-Lyzeums, früher Fürstin-Hedwig-Gymnasium, Herrn Dr. Arkadiusz Szczepaniak vereinbart worden. Herrn Philipp Duske und mich begleitete Frau Dorothee Himmele-Dollals Dolmetscherin. Alle Gespräche fanden in sehr freundlicher Atmosphäre statt.

Am Samstag, 18. Mai 2019, wurde unter dem Motto „Mittelalter“ die jährliche Museumsnacht veranstaltet. Das Museum nimmt diese Nacht zum Anlass, Neuerwerbungen den Besuchern vorzustellen. Das Konzept des kleinen mittelalterlichen Marktes mit Zelten, Feuerstellen, entsprechend gekleideten Personen, die die damaligen handwerklichen Tätigkeiten ausübten, lockte viele Besucher an, sowie in das Regionalmuseum. Um 19:00 Uhr begann die Übergabezeremonie der mitgebrachten Exponate mit Begrüßung aller Gäste und Besucher durch den Museumsdirektor, Herrn Markanicz. Anschließend richtete ich als Vorsitzende des Neustettiner Kreisverbandes (NKV), ein Grußwort an die Anwesenden mit Übersetzung durch Frau Himmele-Doll. Herr Dr. Kessler hielt einen beachtenswerten Vortrag in polnischer Sprache, danach wurde eine Grußbotschaft aus dem Eutiner Rathaus in poln. Sprache verlesen. Die öffentlich von beiden Parteien unterschriebenen Schenkungsurkunden wurden per Handschlag besiegelt. Herr Duske legte die Museumsexponate – den Kirchenschlüssel der ehemaligen Nikolaikirche, heute Marienkirche und Silberbesteckteile aus dem ehemaligen Hotel Keun – auf einen bereitgestellten Tisch und somit waren sie dem Museum übergeben. Um den Kirchenschlüssel auszuprobieren, machte sich alsbald eine kleine Gruppe der Besucher mit dem katholischen Pfarrer, Herrn Dawid Adryszczak, der stellv. Bürgermeisterin, Frau Dorota Rusin-Hardenbicker und dem Museumsdirektor auf den Weg zur Marienkirche. Welche Freude und Überraschung: der Schlüssel passte zur Sakristei- sowie zu einer seitlichen Aussentür.

Am Sonntag, 19. Mai 2019, unternahmen wir mit Herrn Dr. Kessler einen Ausflug in die Umgebung. In Juchow/Juchowo besichtigten wir die Ruine des elterlichen Gutshauses von Frau Christa Himmele und die Dorfkirche. Anschließend besuchten wir dort auch den Demeterbetrieb (Bio-Landwirtschaft) der Stanislav-Karlowski-Stiftung. Nachmittags fuhren wir nach Groß Born zum russischen Friedhof und der immer weiter verfallenden Ruine des ehemaligen Offizierskasinos.

Am Montag, 20.5.2019, nahm sich im Fürstin-Elisabeth-Lyzeum trotz Abiturprüfungen der Direktor, Herr Dr. Szczepaniak, Zeit für ein kurzes Gespräch mit mir. Anschließend haben Herr Dr. Kessler, unser Sohn und ich am Deutschunterricht der Schule teilgenommen. Nachmittags besichtigten wir mit Herrn Markanicz den Rathaussaal mit seinen bunten Fenstern aus Darstellungen früheren handwerklichen Lebens. Wir besuchten auch die Musikschule und das ehemalige Landratsamt mit der schönen Aula. Den Tag ließen wir ausklingen im Dom Woznego, dem ehemaligen Hausmeisterhaus des Gymnasiums. Rückreise erfolgte am nächsten Tag. Gesine Reinstrom, Vors. des NKV e. V.

Ansprache durch Dr. Kessler und Übergabe der Exponate durch die Besuchergruppe.

Schlüsselübergabe vor der ehemaligen Nikolaikirche, (heute Marienkirche) an den katholischen Pfarrer David Adryszczak dieses gepflegten Gotteshauses.

Wissenswertes über das Archiv in Koszalin/Köslin.

Das Archiv in Koszalin/Köslin wurde am 4. Juli 2003 von Bischof Marian Golebiewski gegründet; er sagte: „Am Anfang wussten wir nicht, was sich an Unterlagen, vor allem Kirchenbücher, auf dem Gebiet des Bistums befanden. Wir mussten viele Kilometer in verschiedene Orte fahren, auf Dachböden suchen, um das Archiv zu dem zu machen, was es heute ist: Es ist kein gewöhnlicher Lagerraum für Gerümpel und zwischen den Regalen kann man eine faszinierende Reise in die Vergangenheit machen, die uns hilft, die Gegenwart besser zu verstehen.“

„Unser Archiv ist noch sehr jung. Wir sind die Erben dessen, was uns nach dem 2. Weltkrieg hinterlassen worden ist; der Krieg hat den Archivalien großen Schaden zugefügt. Es herrschte die Meinung, dass alles was den Deutschen gehörte und was deutsch war, Aversionen und Feindseligkeit bei den Menschen hervorrief und deshalb zerstört wurde“, so Pfarrer Dr. Ceynowa, der Leiter des Archivs des Bistums Koszalin-Kolobrzeg ist.

Dessen ungeachtet, füllen sich stetig die Regale mit Kirchenbüchern und Unterlagen über Bevölkerung, Briefe und Fotos, was die jeweilige Gemeinde betraf. Das Archiv ist eine wertvolle Informationsquelle über Menschen und ihre Schicksale in der Vergangenheit. Interessant auch für Dr. Tadeusz Ceynowa, wie man an Unterlagen herankommt: „Manchmal mußte ich auf einen Kirchturm klettern, weil ein Pfarrer der Gemeinde meinte, dass sich dort etwas befände oder ich bekam eine Information, dass in einem Pfarrhaus auf dem Lande ein alter Schrank stehe, in dem irgendwelche Dokumente seien.“

Das Archiv wird nicht nur von Studierenden und Historikern besucht, sondern auch von interessierten Menschen, hauptsächlich deutschen, die Ahnenforschung betreiben und etwas über Schicksale von Angehörigen und Verwandten wissen möchten, weiß Malgorzata Wieczorkowska zu berichten, die von Anfang an im Archiv tätig ist. (Bericht aus einer poln. Zeitung, übersetzt durch Maciej Turkowski, korrigiert von Jutta Kubowski).

Panorama von Neustettin am Streitzigsee – Federzeichnung eines Unbekannten, ohne Datum; der Zeichner könnte aber Ulrich Schreiber gewesen sein?
Die Zeichnung stammt aus dem Fundus von Otto Below und wurde bei der Auflösung der Aktenbestände gefunden.

Panorama von Neustettin, undatiert – es könnte die Vorlage für die obige Federzeichnung sein.

Marktplatz Szczecinek – Plac Wolnosci nach dem Umbau; Ansichtskarte um 1980.

Neustettiner Schloß (vor 1945) als Aquarell von Maler Siegfried Barz.

Das Neustettiner Schloß nach der Restauration 2013; Foto: KW

Gesucht werden noch die Wappen der anderen Gemeindebezirksorte!

Dieses Buch sollte jeder Heimatfreund in seinem Bücherregal haben; es ist eine Fundgrube  für Bilder aus Stadt und Kreis Neustettin und wurde 1980 vom Heimatkreis durch  Hans Fischer und Ulrich Schreiber herausgegeben. Daneben ist das Lied der Pommern abgedruckt, das bei allen Treffen der pommerschen Heimatfreunden gesungen wird.


Die Aura um Neustettin

Neustettin war für uns Umlandgemeinden immer eine Metropole mit einem besonderen Flair. Sie war für uns die Sonne und die Dörfer die Trabanten. Die Stadt zog uns stets magisch an und wir zogen uns immer gut an, wenn es in die Stadt ging, um die Dinge zu besorgen, die es auf dem Dorf nicht gab. Eine gewisse Grundversorgung, z. B. mit Lebensmitteln und Produkten des täglichen Bedarfs war in den Dörfern vorhanden, aber für höherwertige Güter mussten wir in die Stadt zu Karstadt, Ramelow, Kaiser’s und weiteren Fachgeschäften; die medizinische Versorgung war nur in Neustettin sichergestellt.


Stadt und Umland waren aufeinander angewiesen, es war immer ein gewisses Geben und Nehmen; denn die landwirtschaftlich geprägten Umlandgemeinden versorgten die Stadt mit naturbelassenen Agrarerzeugnissen und die Stadt lud dafür zum Einkauf in die gut sortierten Geschäfte ein, zum Genießen von Kunst und Kultur, sowie Köstlichkeiten der Gastronomie, bot allerlei Kurzweil und Sehenswürdigkeiten. Viele Dorfbewohner zog es auch nur zum Flanieren in die Stadt, hingegen nutzte ein Großteil der Stadtbevölkerung die Freizeit und fuhr aufs Land, um die Natur zu genießen; einige ausgearbeitete Wanderstrecken und Fahrradtouren beweisen den damaligen „kleinen“ Tourismus in und durch die Umlandgemeinden.

Nachstehend ein paar Notizen aus der Erinnerung oder Überlieferung, wie die einstigen Dorfbewohner die Nähe zu Neustettin erlebt bzw. empfunden haben:

Aus der Sicht von Klaus Wendlandt, früher Dieck, Abbau

Für mich als 8 bis 10-jährigen Jungen war es immer ein besonderes Erlebnis und zugleich eine Auszeichnung, wenn mein Vater mich auf einer Kutsche in die Stadt zum Einkaufen mitnahm. Große Geschäfte, wie oben angeführt, mit Schaufenstern und Glastüren, die von selbst schlossen, wurden aufgesucht, um notwendige Gebrauchsgüter für Hof, Stall und Feld einzukaufen. Eine neue Hose und eine Jacke waren bei dieser Gelegenheit immer eingeplant, neue Schuhe gab es nicht so oft und wenn, dann nur auf Bezugsschein. Bevor wir dann nach Hause fuhren, gab es noch eine Tasse Kaffee bei Kaiser’s und bei einem bestimmten Bäcker musste noch das Brotkontingent für eine Woche mitgenommen werden. Zurück ging es über Thurow bei der Landmaschinenschlosserei Fuhlbrügge vorbei, um die reparierten bzw. geschärften Stücke mitzunehmen, die auf dem Hinweg dort zur Bearbeitung abgegeben wurden.

In die Stadt mit dem Zug ab Thurow zu fahren war etwas ganz Besonderes. Diese riesige Lokomotive versetzte mich in Bewunderung und auf dem Bahnhof in Neustettin kam ich aus dem Staunen nicht heraus: Noch mehr Lokomotiven, Personen- und Güterwaggons, offene Waggons mit Militärfahrzeugen und auf den Bahnsteigen eilende Menschen. Ich hatte es nicht eilig, ich konnte mich nicht „satt“ genug sehen.

In schlechter Erinnerung habe ich einen Besuch beim Zahnarzt: Die Bohrmaschine mit Fußantrieb war der reinste Horror, einschließlich dieser spitzen Haken, mit denen die Zähne untersucht wurden – so etwas prägt sich ein fürs ganze Leben.

Dennoch bleibt für mich Neustettin eine der schönsten und bewundernwertesten Städte unserer Pommerschen Heimat, die ich mehrfach aufsuche, wenn ich mit meiner Frau – sie ist gebürtige Rheinländerin – in der alten Heimat bin; der Stadtbummel beginnt stets mit einem Spaziergang auf der Promenade am Streitzigsee bis hin zum Neustettiner Gedenkstein. Ins Polnische übersetzt von Wioletta Brzezinska – siehe auch poln. Seite. KW

Aus der Sicht von Walter Mertins, früher Stepen
Für mich als 8 bis 12-Jährigen hatte diese Stadt eine besondere Ausstrahlungskraft, obwohl die Kreisstadt für uns Stepener 27 km entfernt war. Die nächste Bahnstation war im 7 km entfernten Schönau, Kreis Schlochau, ansonsten waren wir auf das Postauto angewiesen, es fuhr zweimal am Tag in die Kreisstadt; Mitfahrgelegenheiten gab es nur per Pferdefuhrwerk, wenn ein Bauer etwas in der Stadt ablieferte oder zu besorgen hatte.

Einen faszinierenden Eindruck hat immer die dampfende und zischende Lokomotive der Eisenbahn auf mich gemacht. Schon die kleine Wartehalle mit dem Fahrkartenverkauf und dem Beamten in Uniform hinter dem Klappfenster beeindruckten mich sehr. Mit Kreide waren über dem Schalter die Fahrzeiten der Züge angeschrieben. Der Schalterbeamte (Bahnhofsvorsteher) setzte seine rote Mütze bei Ankunft des Zuges auf, überwachte das Aus- und Einsteigen und gab den Zug mit Trillerpfeife und Signalkelle zur Abfahrt frei.

Ich erinnere mich auch an die schwarz angemalte Figur an der Wartehalle mit dem Warnruf „Vorsicht! Feind hört mit!“

In der Stadt angekommen, umfingen mich Dorfkind besondere, geheimnisvolle Gerüche und Geräusche. Unser erster Besuch galt meinem Patenonkel Otto Laabs, orthopädischer Schuhmachermeister, der in der Weinbergstr. 1 wohnte und dort auch seine Werkstatt hatte.

Besondere Erlebnisse waren die Spaziergänge, Einkäufe und Arztbesuche in der Stadt, der Fluss Niesedop, der zwischen den Hausmauern hindurchfloss und von der Straße überquert wurde, der Rathausturm und der Buttermarkt und letztlich die Geschäfte mit den großen Schaufenstern, die zum Bummeln einluden. Ein weiterer Höhepunkt war die Motorbootfahrt zur Mauseinsel, auf der es einen kleinen Zoo mit Affen und Pfauen gab sowie ein Eis für uns Kinder.

„Diese wunderschönen Erinnerungen aus der Kindheit können nicht über die Schrecken des Krieges und den Verlust der Heimat hinwegtäuschen!“ Mit diesem Fazit schließt Walter Mertins, heute Kronshagen bei Kiel, seine Erinnerungen an Neustettin. Red. bearb. KW

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